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Stützen der Gesellschaft

~ Darf ich noch ein Stück Torte anbieten?

Stützen der Gesellschaft

Archivi Mensili: marzo 2014

Wie die Welt, die CSU und die Grünen untergingen

31 lunedì Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

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Mei is des schee.

Eigentlich ist alles wie immer. Nichts deutet darauf hin, dass hier gerade, zumindest für manche, die Welt untergegangen ist, und sich für den Rest der Planet zumindest ein paar Grad aus ihrer Achse verschoben hat. Der Himmel ist so italienisch blau, wie er nur sein kann, die Fernsicht auf die smogverseuchten Niederungen von München ist phänomenal, es fahren Schifferl über den glasklaren See, die Menschen trinken Spritz, Hugo und Espresso, und die Schlange beim Konditor, der gleichzeitig der Spitzenvertreter der CSU ist, reicht bis auf die Strasse. Zurecht, natürlich. Es ist alles wie immer. Mit dem kleinen Unterschied, dass dieser Landkreis, dessen Bewohner zu den Reichen, und, wenn sie am Tegernsee leben, sogar zu denen gehören, denen der unverschämte Staat alles nimmt – dass dieser Landkreis, der Bayerischste aller Bayerischen, diese Postkartenidylle mit Vollbeschäftigung und Trachtengeschäften, nunmehr von einem Grünen – früher hätte man summarisch gesagt, Longhoorada, Gommunisd, Keandlfressa – regiert wird.

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Dafür gibt es handfeste politische Gründe. Der Kandidat der CSU war affärenerschüttert und der Kandidat der Freien Wähler musste plakatieren, dass er “unbelastet” sei – einfach, weil es bei seiner Gruppierung auch welche gab, die mit der CSU paktierten und ebenfalls den Verlockungen von Macht und Einfluss nicht widerstehen konnten.Und der grüne Landrat Herr Rzehak, der hier längst nur noch den Ehrentitel “da Scheehak” trägt, ist äusserlich und vom Lebensstil her einer von hier, und hat es den Leuten leicht gemacht, das Kreuzerl bei ihm zu setzen. Hier hat man keine Angst, er könnte Drogenausgabestellen einrichten oder verständnisvoll nicken, wenn ein paar Autonome Autos anzünden und Banken beschädigen. Da Scheehak ist halt so, wie man sich vielleicht einen Grünen in dieser Region vorstellen würde, bayerisch, heimatverbunden, volksnah, mit dem richtigen Dialekt gesegnet und einer, von dem man hofft, dass er jetzt den Affärensumpf austrocknet. Und wenn er das macht, dann wird das sicher so ein Gewohnheitslandrat, den man die nächsten 24 Jahre immer wieder wählt, weil man den ja kennt und der macht das schon und lieber grün als eine Veränderung und Leute, die man nicht kennt.

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Aber auch sonst ist es für jene, die hier leben, keine Überraschung. Denn hier im Tegernseeer Tal, dem Elysium der Bayern, wo da Scheehak eine statte Mehrheit der Stimmen bekam, hat sich viel verändert. Zum Beispiel rechts von diesem Bild. Da liegt Gut Kaltenbrunn. Das war früher ein Mustergut der Bayerischen Herzöge, auf dem neue Methoden der Landwirtschaft ausprobiert wurden. Später wurde es an einen CSU-nahen Unternehmer veräussert, der das historische Ensemble mit seiner weithin gerühmten Gaststätte zu einem Luxushotel umbauen wollte. Da kam es zum Aufstand von Teilen der Bevölkerung, es ging vor Gericht, wo die CSU und der Unternehmer verloren. Die Antwort des Unterlegenen war, dass der beliebte Biergarten geschlossen und das Gut zu einem verödenden Schandfleck wurde. Und letztes Jahr haben sie dann auch die Hecke wegrasiert, die den Weg hoch zum Gut begleitete. So etwas merkt man sich: Wer einem da den Biergarten mit der schönsten Aussicht geraubt hat.

Noch weiter oben kommt dann ein brauner, kastenartiger Neubau. Privatkliniken hat es hier am See immer gegeben, aber die hier ist anders: Die will internationale Superreiche und Prominente von den kleinen Kulturkrankheiten heilen, die das Leben an der Spitze so mit sich bringt. “Fett absaugen” klingt scheusslich, aber das ist gar nicht das Problem. Das Problem ist, dass der Kasten so gross wurde, und bei den Menschen angesichts der Investorenmonstrosität das Gefühl bleibt, sie wären nur noch Verschiebemasse beim Einzug der internationalen Oligarchie ins Tal. Da ist die Angst vor einer Gentrifizierung – dass die Leute von hier, die nicht arm sind, von denen verdrängt werden, die sich noch eine Immobilie am Tegernsee leisten, zusätzlich zu denen, die sie schon haben.

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Drüben in Tegernsee gibt es einen bekannten Wanderparkplatz, von dem aus Familien mit Kindern die ersten Bergtouren auf die Neureuth machen können. Wenn die Kinder auf halbem Weg hinunter dann ungemütlich werden und zu viele Leute für Dulliwack da sind, sagen die Eltern: Wenn Du artig bist, gehen wir unten in die Bergschwalbe, und Du bekommst einen Germknödel. Die Bergschwalbe ist ein hübsches Cafe, an dem bislang die Zeit vorbei gegangen ist, mit Blick auf den See, auf eine Obstwiese und Kühe und viel Auslauf für Kinder, die nach dem Zuckerschock des Germknödels wieder herumlaufen. Das wird bald vorbei sein, dann dröhnen dort oben die Betonmischer und Baufahrzeuge, denn im Landschaftsschutzgebiet soll ein eigenes Almdorf entstehen. Almdorf ist CSU-Freie Wähler-Bayerisch für “gated Community”, da wird eine abgeschlossene Wohnanlage des Luxussegments errichtet. Einheimische haben es nicht leicht, wenn sie hier etwas baulich verändern wollen, aber wenn so ein Konzern mit Blick auf internationale Investoren baut, darf natürlich auch so eine Alm für eine Dorfsimulation verschwinden.

Und so geht das immer weiter. Da ist ein Neubaugebiet, für das die Mächtigen mal eben ein Charakteristikum der Region, eine alte Baumreihe mit mächtigen Eschen, abholzen wollten. Da ist der historische Gasthof hinten in Rottach-Egern, in dem der Wildschütz Jennerwein feierte, der abgerissen werden sollte, zugunsten von zwei Blocks mit Wohnungen im alpenländischen Stil. Da sind all die internationale Investoren, für die der rote Teppich ausgelegt wird, während ein kleines Hotel nach dem anderen schliessen muss. Vielleicht muss auch einmal das Gymnasium im Tegernseer Schloss schliessen, weil sich Familien das Leben hier nicht mehr leisten können, und all die hier urlaubenden Oligarchen keine Kinder mitbringen. Die Leute merken, dass sich etwas verändert, und es gefällt ihnen nicht. Viel wurde gelacht über die Münchner, die sich angeblich selbst von der Zukunft abschneiden, indem sie eine dritte Startbahn bei ihrem Flughafen verhinderten. So ein Gefühl, dass es jetzt reicht, dass man nicht noch mehr raffen will, weil es sonst ungemütlich wird, hat sicher auch einen Ausschlag gegeben, warum so viele ihr Kreuzerl beim Scheehak gemacht haben. Weil das auch einer von denen ist, die es nicht ganz so gaach angehen wollen.

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Früher war es so in Bayern: Da wählte man daheim die CSU, damit hier alles so bleibt, wie es ist, und andere erst die schlimmen Folgen der Moderne erdulden mussten. Die CSU garantierte, dass die Leute in ihrer Heimat jenseits von Autobahnen und AKWs in Ruhe gelassen wurden, und die Moderne, wenn sie dann kam, bayerisch verbrämt wurde – so wie halt da Scheehak auch Loden trägt, und der Naturschutz im Gewand des Kampfs gegen Gentechnik und in bierbäuchiger Form der traditionellen Almbewirtschaftung daher kommt, mit Hofläden, frei laufenden Enten und Urlaub auf dem Biobauernhof und Todesstrafe für alle Gastronomen, deren Fleisch nicht aus heimischer Produktion kommt. Diesen Pakt hat die CSU hier in Miesbach einseitig aufgekündigt, und so schaut man sich halt pragmatisch um, wer einem hilft, das Idyll zu bewahren.

Das ist gut für das Tal. Das ist vielleicht weniger gut für die Grünen oder das, was manche von denen so denken, denn es zeigt, dass auch diese Partei anfällig ist, der Schönheit so einer Region zu erliegen und Politiker hervorzubringen, die freiwillig Blasmusik anhören und Fleisch vom Fleische des Volkes sind. Nicht nur Miesbach hat sich geändert, auch die Grünen sind bodenständig geworden. “Liebe zur Heimat” geht denen selbstverständlich von den Lippen. Verloren haben hier also nicht nur die speziell-spezlhaften CSUler, sondern, wie schon in Baden-Württemberg, die Grünen als linke, radikal fortschrittliche Bewegung. Vom blauen Wasser des Tegernsees erschallt der Ruf gen Berlin und seiner Opposition: So geht’s mit den grünen Mehrheiten, Freunde der Blasmusik. Das folgende, zwiderne G’sicht von Kreuzberger Aktivist_Innen stellt man sich besser erst nach dem Kaiserschmarrn vor. Jedenfalls, jetzt sind wir grün regiert und keiner kann mehr sagen, wir wären reaktionär, oder bei uns würde sich nie etwas ändern. Das wird jetzt allen um die Ohren gehauen, bis ihnen Feminismushören und Veggiedaysehen vergeht.

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Zyniker werden jetzt sagen, dass unser Heumilch-Naturschutz, unsere Ökodenkmalpflege, die nachhaltige Bewirtschaftung, das von der Sanktjohannserin massgeschneiderte Dirndl für die Tochter und der Kotau jeder Gaststätte, immer nur heimischen Bärlauch zu verkochen, angesichts des Reichtums der Region ja auch nur grün lackiertes Knallschwarz in seiner allerübelsten Form ist, mit Rauchverbot und kollektiver Zwangsnaturbeseufzung, mei is des schee.

Ist es aber auch, und damit sich nichts daran ändert und alles schee bleibt, musste sich halt im Büro des Landrats alles zum Scheehak ändern. Manche haben vielleicht wirklich grün gewählt,aber die meisten den Scheehak und dass jetzt wieder eine Ruhe ist im Tal.

Neue Fürsten und Hofschranzen fordern Paläste

29 sabato Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

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Solange Sie sich unseren Forderungen nicht stellen, behalten wir uns weitere Schritte vor.
Mieterinitiative Kotti & Co. an den Vermieter

Karl Heinrich Kasimir von Freudenleben – für seine Jagdfreunde “Kalle” – und Anna Theresia Wallburg Freifrau auf Hohenstuhlitz sassen also in ihrem alten Schloss und waren, wie immer eigentlich, sehr unzufrieden. Die Mauern waren feucht, die Räume zu klein, die Kachelöfen stilistisch nicht mehr modern und dazu kamen all die Reparaturen, für die freche Handwerker zu viel Geld verlangten. Und dann war Schloss Freudenleben leider auch kein Privatbesitz – es sich unter den Nagel zu reissen, hatte Opa Wilhelm Otto Fürchtegott beizeiten leider versäumt – sondern nur ein Lehen, und dafür mussten sie natürlich auch an den König Pacht zahlen. Nicht viel, die Verträge waren uralt, weitaus weniger als in anderen Regionen des Reichs, aber Kalle und Anne hatten aus Prinzip zu wenig Geld, fühlten sich immer benachteiligt und waren einfach nicht zufrieden. Man kennt das, daher gibt es in Schlössern auch ein Boudoir, in dem nach Herzenslaune geschmollt werden konnte.

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Ja, so ein schönes, neues Schloss im modernen Stil, das wäre jetzt nett gewesen. Und so befahl Kalle dann eines schönen Tages seinem Kammerherrn Klaus Wenzel zu Wowelöd, Wowe geheissen, doch Vorschläge zu machen, wie dieses “gar greyslicke Fatum” zu beheben sei. Wowelöd beteuerte bei jedem Fest zu Hofe, dass er baldigst Pläne vorlegen würde, und tatsächlich, eines Tages, näherte er sich mit vielen Bücklingen dem Adelspaar und sagte: Durchlauchten, es ist schwierig. Dieses Schloss hier, das müsste saniert werden, aber dazu ist kein Geld da, wegen der Feste haben wir sogar Schulden – kurz, man müsste es abtreten an einen bürgerlichen Kreditgeber, der das bezahlen kann, und der würde dann auch Pacht verlangen oder gar selbst hier wohnen… Zum Teufel, herrschte ihn Kalle an, ich will nicht mehr zahlen, ich will mehr haben, sag er endlich, wie man uns ein neues, prächtiges Schloss in schöner Lage erbauen wird! Nun, sagte da der Wowe, Durchlaucht erinnern sich doch an die alten Salinen, die wir vor 5 Jahren wegen der untauglichen Lage haben schliessen müssen… man könnte es so machen: Wir verkaufen dort einen Teil des Grundes und mit dem Geld könnte man dort ein neues Schloss errichten.

WAS? schrien dann Kalle und Anna. Was? Dort wollen doch meine Hunde freien Auslauf, kreischte Anna. Und meine Jagdgesellschaften, empörte sich Kalle, wo soll ich die dann abhalten? Hä? Das hier ist doch ein Hof, so muss das sein, für meine Freizeit, mein Plaisier und meine Grillfeste mit Wild von Aldo Lidlius! Aber bitte, beruhigen Sie sich, sagte der Wowe, das ist nur ein ganz kleiner Teil und nebenbei könnte man auch das gräfliche Archiv, das hier im Keller schimmelt… NIEMALS! schrie der Kalle. Aber wo sollen wir das Geld, hob der Wowe betreten an, als ihn die Anna gleich niederkartätschte: In Wien geben sie 12 mal so viel für Schlösser aus als das, was hier geplant ist! Geh er und mache neue Pläne, bevor ich den Hund auf ihn hetze! Und Wowe ging und fragte sich, wie das etwas werden sollte, denn es war wirklich kein Geld da, im Gegenteil, dauernd forderten Handwerker und der üppige Hofstaat Geld, während Wege verfielen und im Park seltsames Gesindel sein Unwesen trieb – wenn das alles nicht gewollt war, dann blieb wohl nur, das Schloss ganz weit draussen, in den Einöden zu bauen, wo genug unfruchtbarer Boden war. Oder doch das alte Schloss erweitern, am besten mit noch mehr Schulden und vielleicht Hilfe vom König, der dafür andere Adlige um so mehr schröpfte. Kalle und Anna wendeten sich statt dessen der Planung des nächsten hundsmusikalischen Umzugs durch ihr kleines Reich zu.

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Jeder, der hin und wieder ein Schloss besucht, weiss natürlich, wie solche Geschichten ausgehen. Sogar in Bayern, wo sich das Verhältnis zwischen Adel und Bürgertum nicht so schlecht darstellt, wie beim berüchtigten ostelbischen Junker, wird man bei Führungen stets auf die Kosten solcher Projekte hingewiesen, und wie sehr das den Adel belastete. In Pommersfelden zum Beispiel wird in der Galerie erklärt, dass hier fast alle Kunstschätze des Erbauers verkauft werden mussten, um den Koloss von seinen immensen Schulden zu befreien. Aber so war das damals eben, im Zweifelsfall gingen die Handwerker leer aus, die Landeskinder wurden geschröpft, ein paar Lehen veräussert oder Gelegenheiten gesucht, um bei Konflikten auf der Seite der Plünderer zu sein. Das ging auf Dauer nicht gut, heute sind Schlösser Museen, aus lebenslangen, gottbegnadeten Regenten wurde eine lebenslange Regentin, und der Adel hat keine Vorrechte mehr. Das Volk entscheidet.

Und oft hat sich das Volk diese Lehren auch zu Herzen genommen. Teures Personal ist weitgehend verschwunden, mehr als drei Wohnsitze sind selten, und die Wände sind meist so niedrig, dass man die Gemälde aus dem Untergang der Adelsherrschaft nicht wirklich gut hängen kann. Statt üppiger offener Kamine werden Niedrigenergiebrenner verbaut, Tafelsilber ist selten geworden, man zieht sich am Tag nicht mehr fünf mal um, und die Ergebnisse dieser Sparsamkeit liegen auf der Bank. Kaum ein Adliger hatte je so viel in seinen Truhen, wie es das Bürgertum jetzt furchtsam vorhält – man weiss ja, wie das ausgeht, wenn man mitunter kopfschüttelnd durch die Monumente des vergangenen Bauwahns schreitet, und sorgt vor. Natürlich wird auch diese Akkumulation von Vermögen kritisch gesehen: Man sagt, die Reichen seien zu reich und die Armen seien zu arm, wir lebten in einer Klassengesellschaft und der Aufstieg wäre unmöglich. Alles wendete sich zum Schlechteren, die neue Klasse der Besitzlosen, mithin die Hälfte der Bevölkerung, wäre das Äquivalent zu den Leibeigenen vergangener Jahrhunderte.

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Man sehe es mir nach, wenn ich eine andere historische Parallele sehen möchte – ich habe nämlich überhaupt nicht den Eindruck, dass auf der einen Seite nur gerafft wird, was den anderen genommen wird. Die Erben von Anna und Kalle gründen heute Bürger- und Mieterinitiativen und sind sehr wohl bereit, der Politik des Staates Druck zu machen. In Berlin zum Beispiel wird stets beklagt, dass die Mieten steigen. Woanders gälte das als Zeichen einer langsamen wirtschaftlichen Gesundung, hier gilt es als Gentrifizierung und Vernichtung althergebrachter Milieus. Deshalb werden Umbauten und Aufwertungen erschwert. Neuer sozialer Wohnungsbau ist möglich, aber dafür braucht man Geld und Platz. Geld könnte man durch Verkauf von Grundstücken am Tempelhofer Feld bekommen, und dort auch selbst neue Wohnanlagen bauen – prompt gibt es eine Bürgerinitiative dagegen, die das und andere nötige Neubauten dort verhindern will, mit guten Aussichten auf Erfolg. Die Frage, wo und wie und mit welchem Geld dann die begehrten Wohnungen mit der niedrigen Nettokaltmiete entstehen sollen, kann dieser Tyrann natürlich beiseite wischen. Zumal ja mit etwas Glück demnächst auch die Mietpreisbremse kommt: Damit kann er sich mittels staatlicher Regulierung ein paar Jahre von der allgemeinen Entwicklung anderer Metropolen abkoppeln.

Und dann kommen noch solche städtevergleichenden Einwürfe, die für Druck sorgen sollen: Ja, auch im Barock war Wien Vorbild, auch im Barock waren Baumeister von den Fürsten gehalten, viel Geld ins Bauen zu stecken. Hauptsache, man kann heute gemütlich und günstig wohnen, und auch im Rokoko hat man nur selten über den Tag und die nächste Jagd hinaus gedacht. Das ist so selbstverständlich, das ist so normal, dass es schnell auch auf Neuankömmlinge abfärbt: Flüchtlinge, die am Oranienplatz kampieren, haben nicht nur eine Schule besetzt, sondern fordern jetzt im Gegenzug für die Auflösung ihres Camps ein Haus. Und wenn Migranten aus Osteuropa einsturzgefährdete Fabrikgelände verlassen müssen, fordern Aktivisten, die Stadt sollte ihnen kostenlos Wohnraum zur Verfügung stellen. Das ist – nobel. Das ist grosszügig, das kann man natürlich machen. Gesetzliche Regelungen, sozialer Ausgleich, Leistungsgerechtigkeit, Papperlapapp, hier und jetzt soll der Wohnraum für alle her und wie der Wowereit das löst, ist sein Problem. Dem Volk soll es gefallen, das will Volk in in guter Lage billig wohnen und sein Tempelhofer Feld und seine Genussmittelliederanten im Görli und wenn das nicht passiert, machen sie eben Lärmdemos: Wir bleiben alle! Und die Politik soll das so machen.

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Leibeigene, das kann ich hier nach meinem Studium versichern, sind früher anders aufgetreten. Für mich hat sich bei der Beschäftigung mit diesen Initiativen der Eindruck der armen, unterdrückten Frohngebeugten schnell verflüchtigt: Im Gegenteil, wir stehen hier imperialer Grösse gegenüber. Wir lesen Befehle. Wir stehen davor wie ein Leibeigener des 18. Jahrhunderts, dessen Herrschaft jeden Tag neue Mittel und Wege findet, zu schröpfen, zu plündern und abzunehmen. Heute will die Herrschaft ihr Feld, und morgen ihr Spreeufer, und übermorgen einen  Steg, und wer nicht spurt, wird von immer neuen Initiativen und Wünschen unter Druck gesetzt, vor dem Hintergrund einer desolaten Finanzlage. Und wie so eine Jagdgesellschaft betrunken hin und wieder in ein Dorf eingefallen ist, ist es heute das gute Recht der Elite der Aktivisten, nicht genehmes Bauen, Arbeiten, Wohnen und Fortbewegen mit Farbbeuteln und Brandsätzen zu bekämpfen.

Gut, es kommen keine Paläste dabei heraus, in den Pop Up Stores ist keine Kunst, die man Jahrhunderte später noch sammeln würde, und es wird kein feines Porzellan geschaffen. Aber es geht um den Wesenskern, die innere Einstellung, den spezifischen Adel der Seele, die Nobilität der Geisteshaltung, die Verachtung für das normale Bürgertum und seine Sekundärtugend, mit der genommen, gefordert und befohlen wird. Das ist Herrschaft wie früher, sie gibt vielen Hofschranzen Sinn und Grund und Bühnen, das Leben hier und jetzt zu feiern. Wahrer Adel beschäftigt sich einfach nicht mit den Widrigkeiten von Finanzierung, solange er sieht, dass bei anderen genug zu holen ist.

Gesellschaftlicher Mord und Totschlag

26 mercoledì Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

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RAL 6032

Findest Du nicht, dass es mein gesellschaftlicher Tod wäre, fragt sie?

Das Kleid ist grün. Grün ist bekanntlich auch die Hoffnung, aber wäre die Hoffnung je so grün wie das Kleid, dann wäre sie eher eine absolute Gewissheit, nämlich die Gewissheit, dass die Trägerin geschieden ist und um jeden Preis auffallen möchte, auch um den Preis eines gesellschaftlichen Todes. Vermutlich würde man sich hier in der Provinz das Maul zerreissen und sogar von einem gesellschaftlichen Selbstmord sprechen, wobei jene, die ihr selbst die Verantwortung gäben, die ersten wären, die ihr den Dolch der Missgunst in jenes Fleisch treiben wollten, von dem viel, sehr viel zu sehen ist, wenn kein Grün es abdeckt.

Es gibt auf solche Fragen keine richtige Antwort, ich versuche es daher lieber mit der unverfänglichen Standardformel der guten Hausfrau: “Aber nein, ich denke nur, es wird nicht ganz leicht, etwas zu finden, was dazu passt – das wäre beim Pastellfarbenen sicher anders”.

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Das Pastellfarbene ist zwar auch nicht gerade ein Ausbund an Körperverhüllung, aber es geht schliesslich um ernste Angelegenheiten (Konzert am übernächsten Wochenende, und Mitte Mai eine Verlobung), die grösseres Publikum mit sich bringen, und da ist so ein signalgrüner Kleiderpfeil auf die restliche Haut nicht eben dezent. Früher, in den 70er Jahren, hat Porsche einen 911er in so einem Signalgrün ausgeliefert. Für Rennzwecke. Im Theater ist dagegen das Parkett bekanntermassen marode, letzthin wäre eine Pianistin beim Abgang von der Bühne sogar beinahe hingefallen. Frauen von hier mit hohen Schuhen wissen um die Risiken und gehen deshalb ganz langsam – es gibt also wirklich gute Gründe, nicht wie ein GT-Rennwagen zu erscheinen. Zumal der gesellschaftliche Tod auch sehr viel früher einsetzen kann.

Man muss zu diesem Zwecke nur vor dem Konzertverein in die Tiefgarage fahren und zuschauen, wie sie aus den Automobilen steigen. Wie der Blick der Frauen immer auf den Männern liegt. Dieser “Sitzt die Krawatte richtig”-Blick. Diese “Sind da doch keine Fussel auf dem Sakko”-Inquisition. Diese peinliche “Ein Einstecktuch wäre gut gewesen”-Befragung. Und natürlich das manchmal namenlose, später mit dem Alter zunehmend resignierte “Hoffentlich schaut niemand auf seine Schuhe”-Grauen. Während die Frauen meistens im Wagen ihre Schuhe wechseln, neigen Männer bislang zur modischen Todsünde, in eben jenen Schuhen, mit denen sie durch den Schnee stapfen, auch durch das Foyer zu trampeln. Das sieht nicht gut aus, der Eindruck ist eher bescheiden, aber jeder hier weiss, dass diese bequemen Schuhe als Zugeständnis an die Tücken des Daseins und die Gebrechen des Alters gegen die Gattin hart erkämpft sind. Gattinnen, die selbst lieber drei Tage danach noch über ihre überlasteten Knochenfehlstellungen humpeln, als einen Abend auf hohe Absätze zu verzichten. Und eigentlich mag ich das.

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Ich mag das, weil ich oft erlebe, dass ohne diese Abschreckung des immer drohenden, aber nie wirklich eintretenden gesellschaftlichen Abmurksens vieles daneben geht. Aus völlig unerklärlichen Gründen gefällt es etwa den Medien nun schon seit Jahren, Frauen als Ideal hinzustellen, die viel auffälliger als ein signalgrüner Porsche sind. Mal ein paar Namen, die es auch in seriöse Blätter schafften: Keili Minaog, Madonna, Paris Hilton, Carla Bruni-Sarkozy, Lady Gaga, später dann Pussy Riot und inzwischen auch Femen. Sie alle sind Garanten für unkritisch abgedruckte Geschichten, egal ob sie nun im Gefängnis, auf Entzug, in einem illegal verbreiteten Porno oder in x-ter Ehe sind, oder bei der Vorstellung eines Parfüms oder ihrer Oktoberfestkollektion oder was ihren PR-Agenturen sonst noch einfallt. Es gibt immer so eine, die gerade modern und der Liebling der Presse ist, und mein Verdacht ist, dass sie zum passenden Zeitgeist ausgetauscht werden. Kaum gibt es eine Debatte um Frauenquoten, verschwindet Frau Hilton, und Pussy Riot dürfen demonstrieren. Es gibt immer eine, die öffentlich aufzeigen darf, wie man sich besser öffentlich nicht verhält – und dieses Bündel an sozial unangepasstem Verhalten bekommt dann die volle Aufmerksamkeit.

Sicher, irgendwann kommt dann die für sie schlimmste aller Todesarten: Der Tod durch gesellschaftliches Vergessen. Irgendwann ziehen sie nicht mehr, irgendwann erträgt sie das Publikum, das es dafür wohl geben muss, diese Promis nicht mehr, irgendwann kommt eine daher, die das Ritual der signalgrünen Andersartigkeit besser beherrscht und bereit ist, dafür mehr zu tun – und dann macht ihre Vorgängerin die bittere Erfahrung, dass nur genug Platz für eine dieser Sorte da ist. Es sei denn, es passiert etwas ganz Schreckliches. Dann kommt es zu einem Wiedersehen, und ich habe den Eindruck, dass es auch gern “in Schande”, “in Trunkenheit” oder sonstwie peinlich sein kann, damit diese Öffentlichkeit auch mit dem richtigen Schütteln Abschied von Monaten guter, antibürgerlicher Unterhaltung nehmen kann. Dieser kollektiv begangene, gesellschaftliche Mord sorgt für gesellschaftliche Untote, die sicher einmal ihre “Was macht eigentlich”-Geschichte erhalten. Und dann haben sie dafür ein signalgrünes Kleid im Schrank.

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Warum dafür stets Frauen verwendet werden, ist mir nicht wirklich klar. Männer müssen wirklich umfassend gegen Konventionen verstossen, um wie Edathy oder Hoeness kollektiv abgeurteilt zu werden. Vielleicht geht es bei der Medieninszenierung um den erhofften Schockeffekt, dass ausgerechnet Frauen etwas tun, das der Spiessbürger vom zarten Geschlecht nicht erwarten würde – und ganz so, als wüssten Eltern und Altersgenossen nicht längst, wo die RCDS-Aktivistin die Aufputscher fürs Repetitorium holt. Dass sich manche Stimme in den Medien obendrein darin gefällt, herkömmliche Lebensentwürfe abzukanzeln, sei es, dass sie zu spiessig oder zu wenig klassenkämpferisch sind, ändert aber auch nichts am bestehenden Wertesystem: Angekeift und brüskiert werden die besseren Kreise und ihre Ideale schon etwas länger, und diesmal wird es von uns im Wissen ignoriert, dass die Wortführer unserer Epoche nicht mehr genug beseite schaffen, um später in der Toskana von den Tagen zu träumen, da sie es den Normalen richtig gezeigt haben. Was dem Alt-68-er die Toskana, ist dem Bürgerfeind von heute die Altersarmut.

Und die ist ja auch eine Art gesellschaftlicher Selbstmord. Es ist nun mal so, dass gute, schön gekleidete Töchter und Söhne des Bürgertums leichter Eingang finden, wenn sie im Konzertverein einen guten Eindruck hinterlassen. Die Suche nach einer sicheren Immobilie in jungen Jahren mag manchen Kreativen als Unterordnung erscheinen, aber es kann sich nicht jedes Kind erfolgloser Schauspielerei in Berlin hingeben in der Hoffnung, dass dereinst ein Paparazzo öffentlich wirksame Bilder vom Kokainmissbrauch macht. Und solange die Konventionen nicht mehr als die Kaufentscheidung zwischen zwei Kleidern mit der Eltern Scheckkarte verlangen, ist die Vermeidung des öffentlichen Todes kein wirklich grässliches Schicksal.

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Natürlich ist die Darstellung dieser Konflikte meidenden Normalität keine Sensation, die man in den Medien ausschlachten könnte. Keine frühe Suche nach einer Immobilie für das Alter ist eine Nachricht, keine Scheidung unter Beibehaltung der Form wird je Erwähnung finden. Diese Normalität ist nicht das, was dem grossen Publikum gefällt, aber das kleine Publikum, die Gesellschaft, ist froh, wenn sich alles findet und Menschen, wie meine Grossmutter so schön sagte, aufgeräumt sind. Und wenn es doch einmal das signalgrüne Kleid sein muss: Bald sind auch wieder die Barocktage in der Nachbarstadt, in einer Bibliothek des Rokoko. Da fällt das gar nicht mehr besonders auf, und ausserdem lebt in dieser Stadt sowieso keiner, den man kennen würde.

Die Liebe der Oligarchen zu den Regionen

23 domenica Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

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Wir stehen am Vorabend großer Ereignisse.
Napoleon

Ich möchte, so dachte ich mir letzte Woche, eigentlich nicht in einem Land leben, in dem Drogen auf Spielplätzen versteckt werden. Ich möchte auch nicht, dass staatliche Stellen über Streetworker mit Dealer diskret absprechen, wie man Drogenhandel in einem öffentlichen Park so reguliert, damit alle damit leben können – aber eben auch jene, die dort mit Drogen handeln. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem jedes Jahr Milliarden in den Drogenhandel und an den Finanzämtern vorbei gehen, und sich dann Drogenliberale vor Ort hämisch darauf verweisen, dass für die Polizei und wirksame Kontrolle zu wenig Geld da ist. Und der Umstand, dass die Linksextremen das Auto eines konservativen Journalisten anzünden, und die Rechtsextremen das Auto einer Flüchtlingsunterstützerin, ist in meinem Augen mehr als nur Sachschaden: Es ist ein Wegweiser in ein Land, das sicher nicht das meine ist. Sicher, wir haben am Tegernsee auch so unsere G’schichdn, aber so etwas wäre bei uns undenkbar und falls doch jemand meinen sollte, so etwas versuchen zu müssen, dann wäre sicher genug Geld für einen umfassenden und Probleme abstellenden Polizeieinsatz da.

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Das sind so die Nachrichten, da weiss ich wieder: Ja, es gibt diesen Staat. Aber er ist nur eine Hülle für Regionen, die kaum Gemeinsamkeiten haben. Nun ist es gerade einer kleinen Splittergruppe in Venetien gelungen, solche – fraglos überall latent vorhandenen – Gefühle der Fremdheit im eigenen Land in eine Abstimmung einzubringen, mit der letztlich eine Unabhängigkeit der Region von Italien, der EU und der NATO erreicht werden soll. Die Abstimmung ist natürlich nicht offiziell, die überwältigende Befürwortung ist nicht nachprüfbar, und wie das italienische Fernsehen zeigte, ist die Abstimmung auch mit einfachen Mitteln manipulierbar. Aber das Ergebnis soll gezeigt haben, dass die Bewohner Venetiens tatsächlich frei vom Nationalstaat Italien mit seinen Problemen sein wollen – und ihren eigenen Staat verlangen. Eben Venetien, wie es gewesen ist, bevor Napoleon 1797 den Staat eroberte und dann als Entschädigung für andere Verluste an Österreich weitergab.

Historisch betrachtet ist das alles natürlich fragwürdig, denn dieses Venedig, von dem da manche träumen, war nie ein Nationalstaat im heutigen Sinne, sondern eine “Republik”, die von einer kleinen Schicht der Oligarchen dominiert wurde. Unbotsame wurden bei Bedarf gewaltsam unterdrückt, und die Terra Ferma, der italienische Landbesitz, mit der Hilfe brutaler Söldner erweitert. Man sieht heute die prächtigen Villen rund um Vicenza, man sieht die architektonischen Kunstwerke von Palladio, und die prächtige Reiterstatue eines Condottiere in der Oberstadt von Bergamo, man mag an den Karneval von Venedig denken und an die Veduten von Canaletto. Wer sich aber mit der Geschichte etwas auskennt, der weiss, dass die heutige Provinz Venetien geographisch nicht mit der alten Oligarchie übereinstimmt – und vor allem, dass es gute Gründe gab, warum auf dem Festland von den steuerlich Ausgeplünderten immer wieder gegen den Marcuslöwen und die Republik Aufstände angezettelt wurden. In Verona zum Beispiel kann man heute noch den Briefkasten bestaunen, in den man anonym Beschuldigungen gegen seinen venedigkritischen Nächsten werfen konnte – so kam dieser damals in die Bleikammern.

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Auf dem gleichen Platz sind übrigens auch so einige Wappen zu sehen, deren heraldische Symbole ausgemeisselt wurden. Das geht zurück auf ein Ereignis namens “Pasque Veronesi“, das veronesische Ostern des Jahres 1797. Damals versuchten grosse Teile der Bevölkerung der zu Venedig gehörenden Stadt, die Franzosen und mit ihnen die Jakobiner zu vertreiben, denen man damals vorwarf, sie würden die Demokratie einführen wollen. Der Aufstand war schlecht vorbereitet, und nach kurzer Zeit behielten die Franzosen die Oberhand. Eine der Strafaktionen der Zeit war die restlose Entfernung aller venezianischer Hoheitszeichen, und das sieht man bis heute. Gleichzeitig hält sich aber auch das historisch gewachsene Gefühl, es damals den Franzosen richtig gegeben zu haben, selbst wenn uns der eigentliche Anlass für den Aufstand – demokratische Reform einer Oligarchie – heute vielleicht ähnlich seltsam wie andere Aufstände jener Zeit erscheint: Beim Freiheitskampf der Südtiroler ging es auch um die Verhinderung von Impfungen, und in Neapel um die physische Vernichtung von kirchenkritischen Freidenkern.

Vollkommen absurd wird die geplante Neugründung Venetiens aber erst, wenn man sich an Padanien erinnert. Padanien ist ein Phantasiestaat der gleichen Lega Nord, der jetzt die Aktivisten der neuen Republik Venetien entspringen, und sollte sich Mitte der 90er Jahre geschlossen von Rom lösen. Damals tönte man noch, Norditalien sei eigentlich keltisch besiedelt und damit ganz anders als der Rest des Landes, und hätte damit ein Recht auf einen eigenen Staat, entsprechend der Selbstbestimmung der Völker. Auch damals gab es illegale Wahlen, und sogar ein Parlament, das sich im schönen Mantua traf – würde man die Lega Nord ernst nehmen, so müsste man sagen, dass jetzt die historische Republik Venetien versucht, vom keltischen Stammesstaat Padanien wegzukommen, allerdings unter Verzicht auf Teile Friauls, Brescia und anderer hübscher Orte, die heute in Padanien pardon der Lomabardei liegen. So ernst könnte man das also nehmen, und es ist nicht wirklich zu erwarten, dass den paar Lega-Aktivisten eine erfolgreiche Neuauflage des Paspue Veronesi gelingt.

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Diese alten Geschichten – man könnte dazu auch noch den Aufstand Venedigs gegen die Österreicher 1848/9 zählen – passen aber bestens zu anderen europäischen Legenden von Freiheit und Widerstand: Die Schlacht auf dem Amselfeld des Balkans, die Heldentaten der Krimtartaren gegen die Türken, der Aufstand der Griechen gegen die Hohe Pforte, die Kriege der Russen gegen die polnischen Invasoren, die wechselseitigen Übergriffe zwischen Bayern und Österreich, Strassenschlachten zwischen den verfeindeten Contraden in Siena, und es ist noch gar nicht so lang her, da hatten auch die Griechen mit den Makedonen Streit, mitten in Europa. Mit ein wenig historischer Beliebigkeit und dem Weglassen unerfreulicher Begleiterscheinung ist da immer genug historische Substanz, um Nationalstaaten rückblickend aufzukündigen, Autonomiebestrebungen mit Sprengstoffen zu verbinden und im Gefühl des richtigen Lokalkolorits Dinge zu tun, die man sich gar nicht vorstellen konnte.

Und es wird für Nationalstaaten oder übernationalen Konstrukte, die zunehmend als Verwaltungshüllen für die Globalisierung in Erscheinung treten, sicher nicht leicht, in de Epoche der Bankenkrisen und Lobbyisten etwas dagegen zu setzen. Auf der einen Seite verhandelt die EU-Kommission im Geheimen ein Freihandelsabkommen aus, auf der anderen Seite wird von den Regionen an der Hintertür gerüttelt. Ein freies Venetien oder Bayern, ein genfreier Landkreis, Begrenzung von Ausgleichszahlungen, Autonomie in den Regionen und bloss keine neue Startbahn für noch mehr Ausländer und Nichtstammesangehörige– das alles ist nach dem Ende des Nationalismus frei zu debattieren, das ist vor allem auch anschlussfähig an die Eliten, die dann auch schon mal ihre eigenen Parteien und Gruppierungen machen, die regional handeln. Man muss nur die richtigen Anlässe bieten, damit jeder versteht: Das passt nicht zusammen, da muss man etwas tun, da muss eine Grenze gezogen werden – und wenn man das nur ein klein wenig weiter denkt oder gar sieht, dass es bei Schotten, Flamen, Korsen und Katalanen auch geht…

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Dafür sind viele etwas anfällig, dazu muss man nicht rechts oder nationalistisch sein, sogar die Linke versteht heute den panrussischen Kurs Putins. Reiche entstehen, Reiche zerfallen, aber Regionen haben eine enorme Zähigkeit beim Überleben. Brechen gemeinsame Werte weg, hat man nicht mehr den Eindruck, dass in der Ferne das Falsche getan wird, erscheint eine regionale Alternative schnell begehrenswert. Zumal ja nicht nur die Drogenhändler im Park wegfallen, die linken und rechten Brandstifter und die feixenden Drogenfreunde, sondern auch etliche Verwaltungsebenen, Strukturen und Posten, die regional neu besetzt werden müssen. Eine Oligarchie bringt die Globalisierung natürlich auch, aber eine Garantie, dass die Richtigen diese Oberschicht stellen, die kann nur die Region bieten. Nicht umsonst hat Venedig damit 1000 Jahre gut gelebt.

Also räumt besser mal Euren Park auf, Berliner.

Die perfekte Filterbubble in zehn Schritten

19 mercoledì Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

≈ 330 commenti

Ich denke, niemand will hier noch den 2.485sten Beitrag über den Niedergang der Piraten lesen – nur ganz kurz, angesichts von Unterwanderungsversuchen radikaler Grüppchen aus Bereichen wie Antifa, Feminismus, Sozialutopie und Buchverträge kam es vorgestern zum grossen Knall: 3 der 7 Mitglieder des Bundesvorstandes der Partei sind zurückgetreten, und der nach eigenen Worten handlungsunfähige Restvorstand setzte sich zum kommissarischen Vorstand ein. Der will jetzt bis zum Juni weiter machen, und einen Parteitag in Ostdeutschland abhalten, wo viele der radikalen Mitglieder beheimatet sind, und die Anreise für westdeutsche, oft eher liberale und gemässigte Mitglieder besonders schwer ist. Weitere schelmdenkende Details entnehmen Sie bitte diesem und diesem und diesem Beitrag.

Im Rahmen solcher Entwicklungen kommt man als Journalist unweigerlich mit den neuen Kommunikationsmethoden des Netzes in Berührung, und den Filterbubbles der Protagonisten. Das sind Umfelder, die man sich in sozialen Netzwerken selbst baut, und die verhindern, was das Netz eigentlich ermöglichen sollte: Die grenzenlose, freie Kommunikation und der Austausch aller mit allen. An dessen Stelle liegt das selbst konzipierte, flauschige Umfeld, das einen komplett abschirmt und alles, was einem nicht gefällt, filtert. So eine Art usergenerierter, verblendeter Stammtisch im persönlichen Zuschnitt. Wer Piraten kennt, der weiss, dass der Betrieb einer Bubble gar nicht so einfach ist, und viel Zeit in die Entwicklung gesteckt wird – das ist eine echte Kunst! Die folgenden Regeln gelten besonders für Twitter, lassen sich aber problemlos auch auf Blogs, Tumblr, Facebook und sogar, falls vorhanden, weitgehend auf das reale Leben und die AfD übertragen. Alle beschriebenen Strategien hat der Verfasser im Rahmen der Pressebetreuung durch die linken Teile der Basis und ihrer Helfer selbst erlebt.

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quelle: https://twitter.com/Riotbuddha/status/444200394621984769

1. Nimm nur linientreue Follower

Das Netz ist voll von Wischi-Waschi-Typen, die einfach nur quatschen, faven und über das bayerische Oberland reden wollen. Diese Personen sind meistens unpolitisch, haben keine klare Meinung und interessieren sich meist auch nicht für ehrenwerte politische Belange wie gendergerechte Schreibweise, die Weltrevolution, der Abschaffung des Datenschutzes oder was sonst noch die eigene Führungspersönlichkeit des Twitterers aus der dummen, apolitischen Masse heraushebt. Man folge also nur denen, die ähnlich denken und natürlich jenen, die aufgrund ihrer hohen Followerzahlen wichtig sind – vor deren Publikum kann man sich mit Gesprächen aufmerksamkeitsheischend in Szene setzen.

2. Verzichte auf Nebeninteressen

Zu einer beliebten Online-Persönlichkeit gehört natürlich ein klares Profil. Neben den üblichen Nichtigkeiten des Tagesablaufs und Dingen, die jeden interessieren (US-Fernsehserien, das schicke Leben auf 20m² in Berlin, Alkoholmissbrauch) sollte daher auf eine thematische Zuspitzung geachtet werden. Ein paar Themen, die mit provokanten Formulierungen auf 140 Zeichen Aufmerksamkeit erregen, sollte man täglich zur Schau stellen. Das sorgt dafür, dass einem vor allem jene folgen, die ähnliche Ansichten ihr eigen nennen. Und gerade mit denen sollte man in einen dauerhaften, freundschaftlichen Diskurs über diese Ziele eintreten, gern auch mit netten Emoticons.

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quelle: https://twitter.com/martindelius/status/443380074050777088

3. Drücke Dich deutlich aus

Twitter hat 140 Zeichen und auch ansonsten liest keiner mehr, wenn das Thema nur polarisierend genug ist. Freundliche Ansprachen, konziliante Formulierungen, Höflichkeiten und gute Formen sind hier vollkommen kontraproduktiv, echte Argumentationen absolut unmöglich. Was allein zählt – weil es andere auch tun – ist Lautstärke. Wer brüllt, gewinnt und wer besonders fies ist, wird alle Aufmerksamkeit bekommen. Die Vergleiche seien immer leicht verständlich, so sei jeder nicht linientreue Journalist “schlimmer als die Bild”, jeder Sozialdemokrat ein Verräter, jeder Immobilienbesitzer ein Gentrifizierer, jeder normale Mensch ein Spiesser und die Berücksichtigung eventuell positiver Seiten grundsätzlich verzichtbar. Ganz im Gegenteil! Urteile und lache hart wie Augustinus von Hippo! Besser ist

4. Der gekonnte Nazivergleich

Natürlich ist jeder Gegner der richtigen politischen Einstellung auch Rassist, Sexist und Klassist, und dieses Kleingeld der Beleidigung sollte man gering schätzen: Die juristischen Gefahren sind bei solchen Vorwürfen nicht so gross. Allerdings besteht die Gefahr, dass das bis hierher aufgebaute Publikum etwas gelangweilt ist – zu normal sind diese Vorwürfe geworden. Natürlich zieht in Deutschland der Nationalsozialismus immer, dann knallt so ein Vorwurf natürlich noch besser. Also keine Scheu! Man beachte aber, dass direkte Vergleiche wie “Nazianwalt”, “Goebbels” oder “Breivik” vielleicht doch zu weit gehen und unschöne Folgen haben können. Ein ehrenwertes Mitglied des AGH Berlin macht das geschickter und unterstellt den anderen einen Wunsch nach “Endsieg” – und redet sich dann darauf hinaus, dass der Begriff schon im ersten Weltkrieg verbreitet war. Direkte Vergleiche machen angreifbar, besser ist es, so allgemein zu reden, damit die Filterblase weiss, wer gemeint ist, und dann Wörter der NS-Zeit einzuflechten. Das zeigt der Gefolgschaft geistige Grösse, dann kommt sie gerne wieder!

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quelle: https://twitter.com/deBaer/status/445588406496919553

5. Lasse andere für Dich reden

Manchmal, wenn man den anderen schon alles gesagt hat, fällt einem nichts mehr ein, was einen nicht grösseren Risiken aussetzen könnte. Aber in den meisten Filterbubbles gibt es ja auch noch Nachwuchs, der ebenfalls nach vorne kommen will, der inhaltlich auf einer Linie ist und sich erst im harten Kampf beweisen muss. Man muss also gar nicht sagen, der Gegner würde Lack saufen oder mit der NPD agieren – man kann es auch einen anderen, den man aufgehetzt hat, sagen lassen und dann als Retweet zitieren.Als Gunstbeweis gegenüber der eigenen Anhängerschaft wird das gern gesehen, denn wer wird nicht gern vom Anführer geadelt? Die anderen Follower sollen sehen, was zur dieser Auszeichnung und besonderen Aufmerksamkeit führt. Das ist die Währung, in der man bei Twitter bezahlt! Und wenn es dem Betroffenen nicht passt und Kritik kommt – dann sagt man notfalls, man favorisiere oder zitiere das nur, um es sich zu merken. Bundesvorstandserprobt!

6. Ignorieren, aber richtig!

Ja, die Kritik ist natürlich nicht schön. Da hat man also aller Welt mitgeteilt, wer alles Nazi, Masku und nicht Genderunterstrichmacher_in ist, und dann kommt da jemand mit weitaus weniger Followern und findet das nicht gut. Manchmal sind die eigenen Follower so nett, über ihn herzufallen, manchmal hat man dafür einen anonymen Trollaccount eingerichtet, aber man selbst sollte ihn besser nicht durch ein Gespräch aufwerten: Sonst bekommen die eigenen Follower noch mit, dass es andere Standpunkte gibt, öffnen vielleicht sogar ihre Gedanken dafür und werden dort auch Follower! Das kann nicht sein! Deshalb ignoriert man diese Leute. Vor allem sucht man auch nie, nie, nie bei Twitter nach seinem Twitternamen oder gar realen Namen: Da kommt dann nämlich oft noch mehr Kritik, und das ist wirklich nicht schön. Wenn man doch sucht, (und ich glaube, manche bringen damit den halben Tag zu) merkt man sich diese Verbrecher, und wenn das nächste Mal ein anderer über die herfällt, macht man empört mit. Immer auf eine günstige Gelegenheit und Freunde warten! Zusammen ist das viel lustiger.

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quelle: https://twitter.com/mspro/status/444427641832374272

7. Die Säuberung unter Deinen Anhängern

Nun kann es natürlich sein, dass dieses Verhalten kritisch aufgenommen wird. Oder man macht missglückte Witze über Flugzeugkatastrophen. Oder mancher, dem man folgt, drückt Gedanken aus, die einem nicht gefallen. Das alles kann zu Kritik führen. Man muss sich klar machen: Das sind keine Menschen oder gar Freunde, das sind nur Feeds und eine Zahl, die angibt, wie viele Menschen in der Timeline sind. Einer mehr oder weniger, darauf kommt es nicht an. Die nerven doch nur und das wird auch nicht besser! Und bei Twitter kann man ohnehin nicht diskutieren, also weg damit. Die Filterbubble muss gereinigt werden, das hat bei den kommunistischen Parteien doch auch immer gut funktioniert.

8. Vernichtung von ehemaligen Followern und anderen Todfeinden

Aber nicht still und leise. Wenn man das still und leise macht, haben andere vielleicht den Eindruck, man könnte mit Kritik leben und wollte gar keine richtig gute Filterbubble. Das Verschwindenlassen von Leuten sollte man deshalb ab und zu wie einen Schauprozess organisieren, damit es auch jeder bemerkt. Also erstens: Öffentlicher Rauswurf, gerne mit Beleidigung. Zweitens klare Ansage an alle Follower: Wer es wagt, Kritik zu äussern oder gar Kritiker zu verlinken, fliegt sofort raus. Drittens: Und wird geblockt! Die Follower müssen wissen, dass hier jemand konsequent ist und für seine reine Bubble keinerlei falsche Rücksichten auf Verräter nimmt. Man verliert dadurch vielleicht ein paar zartere Gemüter, aber hunderte werden lieber schweigen, als sich dem Risiko auszusetzen, nicht mehr als Freund zu gelten. Und öffentlich vorgeführt zu werden. Hat da wer Omerta gesagt? Block!

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quelle: https://twitter.com/Riotbuddha/status/445661691452604416

9. Der Rage Account

Dabei verläuft das Leben der Stars ohnehin hinter verschlossenen Mauern, in Rage Accounts. Das sind spezielle Profile, die die Öffentlichkeit nicht lesen darf, sondern nur die absolute Prätorianergarde all derer, die die gleiche Filterbubble haben. Das ist das eigentliche Elitenetzwerk, hier kann man sich in Ruhe absprechen, Aktionen planen, Feinde markieren und überlegen, wer sie aus dem Hinterhalt bekämpft. Der offizielle Account ist für die öffentliche Darstellung, da muss man hin und wieder auch über Ideale schreiben und Werte – aber im Rage Account, da kann man es krachen lassen. Dort ist das wahre Leben, dort gibt es keine Kritik und keine andere Meinung, und das gibt einem Kraft, wieder hinaus zu gehen und dort andere aus der Filterbubble zu eliminieren.

10. Berechtigtes Niedermachen jenseits der AGB

Sicher, das ist nicht so einfach, theoretisch hat Twitter auch Mechanismen, mit denen man sich gegen so ein – aus Sicht der Fehlgeleiteten und Verräter – Mobbing wehren kann. Damit es gar nicht dazu kommt, sollte man andere präventiv abschiessen. Dabei hilft eine griffige Titulierung wie “menschlicher Abschaum”, es hilft natürlich, sie – was sie nicht sind – als Spammer zu denunzieren, idealerweise auch gleich bei einem Internetpranger, wo genug Helfer nur darauf warten. Was dazu führen kann, dass Twitter die Accounts sperren. Und weil das Stören so einer Filterbubble leider noch nicht als Verbrechen verfolgt wird, kann man wenigstens den bei Twitter anwesenden Arbeitgeber auffordern, den Typen wegen seiner Vergehen zu entlassen. Ich glaube, es hat kaum ein Journalist über die Piraten – und namentlich deren Linksextremisten und ihre Handlanger – geschrieben, ohne dass es solche Versuche gegeben hätte. Das wäre natürlich die ultimative Reinhaltung der Filterbubble: Wenn auch jeder externe, kritische Bericht verschwinden würde. Aber allein wie sie es ohne jede Hemmung fordern, macht auch allen anderen klar, dass mit denen nicht zu spassen ist, diesen Königen der Filterblasen bei Twitter, da draussen im Netz.

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quelle: https://twitter.com/Blockempfehlung

Man sieht also, das mit den anderen Meinungen und dem Austausch, das muss gar nicht sein. Carl Schmitt hätte sicher seine Freude an diesen kleinen Fürsten im Netz, Bert Brecht würde seine Radiotheorie um ein paar Fussnoten ergänzen, und manche von denen haben als Volksvertreter sogar echte Macht bekommen, und tun dergleichen aus dem AGH Berlin – wenn sie nicht gerade als Maulwürfe Journalisten um Kompromat gegen ihre innerparteilichen Gegner anbetteln. Es sind nicht alle so, eigentlich nur wenige – aber immer noch genug, damit die Filterblasen intakt und rein sind, und ohne inneren Schaden mit dieser Partei untergehen werden.

Schuld daran, das ist ja klar, sind nur die Nazis, die Rassisten, die Klassisten und die Sexisten, die fefe lesen und keine Genderunterstrich_innen machen.

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quelle: https://twitter.com/mspro/status/442992022438567936

Wie der Uli zur Legende wird

16 domenica Mar 2014

Posted by Don Alphonso in Uncategorized

≈ 144 commenti

Am jüngsten Tag da putzt ein jeder/ Ja sein Gewissen und sein Gewehr.
Und dann marschiern viel Förster und auch Jäger/ Aufs hohe Gamsgebirg, zum Luzifer!
Das Jennerweinlied

Jahrelang habe ich erzählt, wie schön und beschaulich das Leben am Tegernsee im Landkreis Miesbach ist. Gut, die G’schichd mit dem Beisheim, wie das hinten in Rottach zu Ende gegangen ist, die war nicht so schön und auch die G’schichd von der Frau Schickedanz, die ihre Villa hat aufgeben müssen, war auch etwas blöd. Aber ansonsten war es hier immer schön und wer von der Presse kam, hat nur geschrieben, wie gut unser Essen und unsere Luft und unsere Immobilienpreise dafür sind, dass andere nicht hierher kommen, und so hält man den Journalismus auch aus, im zwiefachen Wortsinn. Owa ebba hat es sich nun zugetragen, dass es da diese G’schichdn mit unserem Landrat gegeben hat, den wir heute zwar wählen können, der dann aber gleich zurücktreten will wegen dene G’schichdn, und wenn es den Herrn von der Presse drüben in Fischbachau beim Landrat fad wurde, dann konnten sie nach Bad Wiessee fahren und den Hoeness Uli besuchen, wegen dera anderen G’schichd von der Sie, liebe Leser, sicher auch gehört haben.

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Kurz, wir bekommen es gerade aggurad eig’schenkt vom Schicksal und vom Lauf der Welt, grad so, als ob die letzten Jahre sündhaft und ein Babel gewesen wären. Und vermutlich denken Sie, liebe Leser, dass wir nun, um Idole beraubt, gesenkten Hauptes unter dichten Wolken zum Wahllokal schleichen und dortselbst uns fragen, ob wir es nicht auch a wengal übertrieben haben mit dem Hochmut und dem Mangel an Decorum, woran es dem Christenmenschen ja nie nicht fehlen sollte. Und ja, die Stimmung ist hier ein wenig anders, weil die ganze Republik herschaut und tuschelt und zischt. Wie man hier früher denjenigen die Aufwartung gemacht hat, die heute diese G’schichdn da haben, das alles gereicht dem Tegernsee nicht wirklich zur Ehre. Und wenn wir im Schulhaus das Kreuzerl bei einem anderen machen, fragen wir uns natürlich, ob das nicht auch wieder so ein Bazi ist, und hoffen auf Besserung. Und als Sofortmassnahme das Abrücken der Presse hinter die Isar.

Gegenüber von unserer Schule ist die Halbruine des Gasthofs Maximilian, ein Ärgernis seit Jahrzehnten inmitten des Dorfes, ein Schandfleck, finden manche, und alle hoffen, dass sich der Maximilian dereinst wieder in Form eines schönen Supermarktes erheben wird – bald soll es so weit sein. So lange kann man sich noch die Lüftlmalerei anschauen, die über dem Türstück aus dem 16. Jahrhundert prangt und an jenen Herzog erinnert, der hier das Privileg für den Gasthof an der wichtigen Silberstrasse nach Österreich verlieh. Flankiert ist die imposante Inschrift der 30er Jahre von zwei Figuren, die hier ein jeder kennt, und deshalb steht auch kein Name nicht dabei. Sie aber, liebe Leser, sind nicht von hier und ihnen erkläre ich das jetzt.

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Das hier, dieser kräftige Bursch mit dem zerknautschten Gesicht, ist der Hasler Thomas. Als der Thomas noch ein Bub war, hat ihm ein Pferd das Hufeisen ins Gesicht getreten, und von da an ist der Thomas gewachsen. Als er 11 war, war er schon so gross wie ein Erwachsener, und immer weiter ist er gewachsen. Er wurde stark und kräftig und überflügelte bald alle Männer im Tal, er konnte Bäume ausreissen und essen für vier Mannsbilder und wuchs immer weiter. Er war ein Gigant unter Zwergen, und weil er anders war, begann man, ihn zu meiden. Er zog sich in den Stall seiner Eltern zurück und starb mit nur 25 Jahren, um als bayerischer Riese in die Geschichtsbücher einzugehen. Und ein paar Jahrzehnte später hat man ihn hier verewigt, als Stärkster er Starken, der seinen Zeitgenossen ein Wunder und ein Rätsel war, aber dessen Fähigkeiten heute noch bewundert werden – selbst wenn er krank war.

Und wenn Sie genau hinschauen… und nachdenken… dem ist halt auch so eine G’schichd passiert, ned woahr, ein Fehler in der Jugend, den er mitgeschleppt hat, und der zu seinen Lebzeiten sein Ansehen, vorsichtig gesagt, mit Licht und Schatten erfüllte. Aber er war halt einer, der Kraft wie sonst keiner hatte, es gibt hunderte von Anekdoten über seine Fähigkeiten, von Tölz bis Berchtesgaden singt man G’stanzln von ihm, dem Riesen von Gmund – was in Erinnerung bleibt, ist die Grösse und nicht das Elend, dass er sich später hat verkriechen müssen.

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Das ist der auf der Linken vom Herzog Maximilian. Auf der Rechten ist dieser junge Bursch mit Gewehr und Gams im Sack: Das ist der Georg Jennerwein aus Hausham, der hier entlang wanderte, wenn er unten in Rottach den Jägern die Sennerinnen ausspannte. Ein schneidiger Bursch, so sagt man, und übersieht das eigentlich schlimme Schicksal des Jungen, dessen Vater schon beim Wildern erschossen wurde, der als lediges Kind aufwachsen musste, und aus Sicht der Obrigkeit auf die schiefe Bahn kam. Aber im Volk sieht man das anders, der Jennerwein hat sich die Sennerinnen und Gamsböcke geholt, wie er sie bekommen hat, er fühlte sich in den Bergen frei und fragte nicht, ob er das dürfte, oder irgendein Gesetz im fernen München etwas anderes sagte. Der Jennerwein, der war kein Wilderer, der war Wildschütz und auch mein Opa und seine Kumpane pflegten zu sagen, dass man nie genau weiss, auf welcher Seite vom Revier jetzt dieser Hirsch da steht. In der ganz schlechten Zeit hat man übrigens geschossenes Wild zur Sicherheit noch einmal angefahren und dann im Auto transportiert und die Gewehre im Wald – aber ich schweife ab.

Jedenfalls, der Jennerwein, der feierte gerne und nahm, was das Land ihm gab – und dafür hat man ihn bewundert. Hintrücks erschossen haben sie ihn dafür, einen Selbstmord haben sie vorgetäuscht, und der Landrat hier musste auf Befehl vom Seehofer erklären, er trete wegen der G’schichdn zurück, ganz so, als ob man hier jemals auf den Zentimeter genau gebaut hätte, in einem Büro hausen wollte, als sei man auf der Brennsupp’n doheagschwumma, und beim Festl beim Wasi im Musäum einem Freund sagen könnte: Na, fia di is koa Blods ned. Das geht natürlich nicht. Und das ging auch schon beim Jennerwein nicht. Und überhaupt, diese G’schichdn da, ja wer hat denn vorher wissen können, dass das nachher so gesehen wird?

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Ja, Sie natürlich haben das gewusst, aber wir, die wir hier im Tal leben, zwischen See und Bergen, wir werden erzogen mit den Geschichten vom Riesen aus Gmund und lernen früh das Jennerweinlied. Die malt man bei uns an die Häuser, das sind unsere Vorbilder, von denen singt man später und lässt das Unwichtige weg. Und pfeigrohd, keine zwei Generationen, und aus denen, über die jetzt schlecht geredet wird, sind die Riesen der Sagen geworden, die von hier aus die europäische Champions League besiegten und unter denen das Freibier und die Rossbratwürste nie enden wollten. Jetzt behält halt die Sparkasse das Geld selbst, jetzt kommt ein anderer als Landrat, der mit den Ausländern Wirtschaftsprojekte schliesst, und dass der Hoeness Uli seinen Verfolgern von der Presse Wurstsemmeln hat bringen lassen, erscheint manchem vielleicht heute ein wenig seltsam, und noch nicht legendär.

Aber es is wias ist und es kummt wias kummt und in 60 Jahren wird vielleicht in Erinnerung an Herzog Horst ein Lokal mit dem Namen “Zum Seehofer” eröffnet. Und dann wäre ich nicht überrascht, wenn zur Linken ein Riese mit dem Baumstamm andere Fussballvereine zertrümmern täte, und zur Rechten ein listiger Kerl über alle lachte, die an Doktortitel, Transparenz und deutsches Baurecht glauben. Heute schleichen wir an die Urnen und sind still, aber in 60 Jahren erzählen wir in den Zirbelstuben und Luxusrestaurants die Geschichten von Titanen und Listigen, selbst wenn dann jeder Gamsbock einen Chip und jede Überweisung einen Anfangsverdacht in sich tragen wird. Man kann die Gesetze des Menschen ändern, aber nicht seine Natur, und seine Legenden.

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Initiiert, mitausgeheckt, eingetütet und leider auch manchmal durch meine halsstarrige Art erduldet von Frank Schirrmacher

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